NORSA

REPORTAGEN

Jede Frau wird zur Carmen
Die Feria de Abril in Sevilla
Von Lina Daggagh

Man betritt die Feria de Abril durch ein riesiges, hell erleuchtes Tor und ist in einer anderen Welt, einer Welt in der alle schön und glücklich sind.

Kleine Mädchen laufen in ihren bunten Flamencokleidern übermütig an einem vorbei, gefolgt von ihren kleinen Brüdern in dazu passenden Anzügen. Junge Frauen, stolzieren in ihren figurbetonten Flamenco trajes umher, das Haar geschmückt mit Blumen und Kämmen, immer beobachtet von aufmerksamen Sevillanern in Bolero-Jacken mit breitkrempigen Hüten.

Es ist früher Nachmittag und Maultierkutschen ziehen buntgeschmückt durch die Straßen des Feria
-Geländes. Vor den Casetas, den Zelten in denen gegessen, getrunken und gefeiert wird, stehen Reiter in ihrer Tracht. Zuckerwatte wird verkauft, man schlendert von Zelt zu Zelt und Kontakte werden gepflegt bei einem netten Plausch am Nachbarzelt. Es riecht nach Popcorn, Paella und Manzanilla.

Es ist eine besondere Stimmung auf dem Gelände der Feria in Los Remedios, einem Stadtteil von Sevilla. Über tausend kleine und große Zelte drängen sich hier dicht an dicht. Die meisten von diesen Zelten sind privat, man kommt nur mit einer persönlichen Einladung hinein. Das macht die Feria für Touristen nicht ganz so attraktiv, denn die wirkliche Feria findet in den Casetas statt, aber dadurch ist sie auch nach so vielen Jahren noch so authentisch und einzigartig geblieben. Die Feria de Abril von Sevilla ist die größte ihrer Art in Andalusien und beeindruckt alleine schon dadurch. Aus sämtlichen Nachbardörfern ziehen Familien in Mau
ltierkarren, in Kutschen oder zu Pferde heran, um diesem einzigartigen Fest beizuwohnen. Nur zwei Wochen nach der Semana Santa ist die Feria ein Ausdruck purer Lebensfreude und vieler Emotionen, die sich in der eher mysteriösen Karwoche angestaut haben. Bunte Farben und gewagte Muster prägen das Bild, gepaart mit lauter Musik und einer Kirmes, die zum Geldausgeben einlädt.

Abends
, wenn alle Lichter angehen, erhält die Feria ihren ganz unverwechselbaren Glanz. Man wandelt durch die schier endlosen Reihen von bunten Festzelten, unter den Lampions und Laternen umher, vorbei an lachenden Menschen in ausgelassener Stimmung. In den Casetas wird zu Musik getanzt, die dem Flamenco entlehnt ist. Jeder echte Sevillaner von acht bis 88 tanzt die so einzigartigen Sevillanas. Jede Frau verwandelt sich in ihrem Kleid in eine wahre Carmen, anmutig, stolz und einfach wunderschön. Der Tanz, der in vier Pasos unterteilt, ist wird zu den eigens für Sevilla verfassten Liedern getanzt, geklatscht und gestampft. Die Sevillanas handeln von der unverwechselbaren Schönheit der geschichtsträchtigen Stadt am Guadalquivir sowie dem Leben und den Menschen hier.

Eine ausgelassene Fröhlichkeit macht sich breit und
Jung und Alt feiern zusammen bis in die späten Morgenstunden. Auf der Feria de Abril ist niemand alleine.

Nach einer langen Nacht werden auf dem Nachhauseweg schnell noch ein paar Churros mit Chocolate gegessen und man wundert sich wie schnell die Zeit vergangen ist und tröstet sich mit dem Gedanken, dass es morgen ja schon wieder weiter geht.

Nach einer Woche Feria ist man dann ausgelaugt und müde, man fragt sich wie man eine Woche lang mit
vier Stunden Schlaf am Tag ausgekommen ist. Man denkt zurück an die durchtanzten Nächte, die bunten Lichter, die einzigartige Stimmung und ein tiefes Glücksgefühl macht sich breit, von dem man nun das ganze Jahr zehren kann, bis es wieder Zeit für die Feria im April ist. (Fotos: Lina Dabbagh)

Die Semana Santa in Sevilla
Von Lina Dabbagh
Weihrauch, Schattenspiele, verwinkelte Straßen, der Geruch von Pferden, die Kutschen durch Gassen ziehen. Darüber die Sonne die auf Menschen, Ruinen, Brücken und Monumente scheint. Nazarener in ihrer Tracht und Trommeln die den Leidensweg Jesu begleiten. Das sind die flüchtigen Eindrücke, die ein Besucher von der Karwoche in Sevilla bekommt.
Die Karwoche, Semana Santa, das in Sevilla wohl herausragendste und das von den Sevillanern am intensivsten erlebte Ereignis. Eine Feier zum Gedenken an das Leiden, den Tod und die Auferstehung von Jesus Christus und gleichzeitig ein Ausdruck volkstümlicher Religiösität, aber auch ein Fest bei dem sich die althergebrachten Traditionen mit dem modernen Spanien vermischen. Ein Ritual so vielschichtig, bunt und facettenreich wie die Bewohner von Sevilla und die Stadt selbst. Ein Fest voll von Emotionen und von einer Reihe persönlicher, familiärer, sozialer und anthropologischer Umstände geprägt.
Die Semana Santa, die heilige Woche, beginnt am frühen Nachmittag des Palmsonntag, wenn sich im Schein der noch strahlenden Mittagsonne die Kirchentüren öffnen und die Prozessionen und damit der Bußgang der ersten Bruderschaften beginnen. Diese Prozessionen finden jeden Tag auf unterschiedlichen Wegen durch die Stadt statt und werden von Hunderten Anhängern und Zuschauern begleitet, die die Straßen säumen, um Jesus Christus und der Jungfrau Maria auf ihrem Weg durch die engen Gassen zuzuschauen, zuzuwinken und zu beten. Die Prozessionen fangen dabei jeweils an der Bruderschaftskirche an, führen zur Kathedrale und werden dann auf anderem Wege wieder zurück gegangen. Die Prozessionen dauern dabei manchmal bis zu 14 Stunden und werden von bis zu tausend Büßern, Nazarenern, Soldaten, Musikern und Trägern durchgeführt.
Die Ursprünge der Semana Santa gehen auf das 16. Jahrhundert zurück, aber erst im Zuge der Gegenreformation hat die Semana Santa an Glanz und Festlichkeit gewonnen. So wurden die ehemals schlichten Figuren durch überlebensgroße, dreidimensionale, massive und schwere Figuren ersetzt, die Pasos. Diese stellen Jesus in verschiedenen Situationen seines Lebens dar. Die Pasos sind mit Gold verkleidet, reich verziert und werden sehr verehrt. Die Semana Santa wurde so zum Glaubensunterricht für das Volk, Publikumsmagnet und Bollwerk gegen den Protestantismus. Heute ist sie außerdem Touristenspektakel, Sinnbild einer neuen Religiösität und Identifikationsfaktor. Die Prozessionen wirken wie aus einer anderen Welt, einer Welt die stehen geblieben zu sein scheint mit einem anderen Rhythmus und einem sehr starken Symbolismus. Nazarener und Büßer wandeln stundenlang barfuß durch die Stadt, Kinder bitten um Süßigkeiten, Menschen stehen Schlange, um Maria einen Handkuss zu geben, Straßenverkäufer stehen an jeder Ecke, Heiligenbilder werden verschenkt und Wachs tropft von Hunderten von Kerzen auf das Kopfsteinpflaster, eine Saeta (gesungenes Gebet) erklingt und die Kapelle spielt einen Trauermarsch. Diese verschiedenen Faktoren machen die Semana Santa zu dem, was sie ist, ein unverwechselbares, einzigartiges Ritual, welches nur von Sevillanern gelebt werden kann, aber zu dem jeder Besucher herzlich eingeladen wird, es mitzuerleben. (Foto: Sven Müller,
Katholizismus für Ästheten)

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